1885 - 1914
Als Turnplatz wurde der "Wehrsche Garten" (hinter der Brücke zum Sportplatz links gelegen) bestimmt. Handwerker fertigten Barren, Sprunggestelle und Reck. Die Turnstunden wurden auf Dienstag und Freitag, abends halb acht Uhr, festgesetzt. In den Folgejahren fanden in Haiger verschiedene turnerische Veranstaltungen statt, vor allem Schauturnen. Einer der ersten erfolgreichen Turner dürfte Rudolf Meinhardt gewesen sein, der beim Gauverbandsturnfest in Herborn 1889 den 16. Preis errang.
Welche Bedeutung eine Vereinsfahne zu jener Zeit hatte, (wir haben heute noch ein gespaltenes Verhältnis zu Fahnen, Massenkundgebungen u.d.g.) wird aus dem Protokoll jener Jahre ersichtlich: Die für 60 Mark erworbene Fahne des vereinigten Sängerbundes wurde umgearbeitet und in einem Festakt 1890 geweiht, verbunden mit einem großen Festzug durch die Stadt. Stadtjungfrauen übergaben dann feierlich am Rathaus die Fahne Vertretern des Turnvereins.
1891 ist erstmals die Rede vom "städtischen Haarwasen", der zukünftig für turnerische und sportliche Veranstaltungen benutzt wurde. 1895 konnte man im "Wehrschen Garten" unter großer Teilnahme der Bevölkerung das 10 jährige Stiftungsfest feiern. Die Sorge der für den Verein Verantwortlichen galt in den 90er Jahren dem Bau einer eigenen Turnhalle, der unter sehr schweren Bedingungen 1903 vollendet werden konnte. Ursprünglich sollte die Halle in der "kurzen Gemee" (heutige Aubachstraße) errichtet werden; dann kaufte man aber den "Steinbrennerschen Garten" am Allendorfer Weg und errichtete dort die Turnhalle.
Der Tag der Einweihung wurde mit einem feierlichen Festakt begangen, bei dem Kriegerverein, Schützengesellschaft, Gesangverein, Sauerländischer Gebirgsverein und die Humoristische Gesellschaft teilnahmen. Vor dem Neubau der Halle fand der Turnbetrieb in gemieteten Räumen statt, z.B. 1898/99 im "Steinbrennerschen Lohbau".
Heute freut sich der Vorstand über jedes Mitglied, damals stimmte der Vorstand darüber ab, wer nach einer Bewerbung als Mitglied aufgenommen wurde. Ursprünglich waren alle Mitglieder des Turnvereins in Haiger selbst zuhause, heute wohnen sie sowohl in allen Ortsteilen Haigers oder sind in Nachbargemeinden sesshaft. Anfangs konnte nur Mitglied werden, wer männlichen Geschlechts war und das 17. Lebensjahr vollendet hatte. Wer jünger als 21 Jahre alt war, bezeichnete man als "Zögling". Turnen war lange reine Männersache. So wurde auch erst 1894 an deutschen Schulen Turnen für Mädchen zum Lehrgegenstand erklärt. Im Turnverein Haiger stand die Gründung einer Damenriege erstmals 1910 zur Debatte. Es dauerte allerdings bis zum Jahre 1921, dass auch das Frauenturnen im Verein gepflegt wurde. 1924 übernahm in der Person von Luise Derezinski erstmals eine Frau im Turnverein eine "Vorturner"-Funktion.
Auf Wettkämpfen war Hermann Ohlenburger der erfolgreichste Turner jener Jahre. Auf dem Spicherer Turn- und Spielfest belegte er einen 10. Platz, was als außerordentliche Leistung in den Vereinsannalen festgehalten wurde. 1914 wurde erstmals in Haiger ein Gauturnfest in der "Klingelwiese" veranstaltet, bei dem sich als Wettkampfsieger auszeichneten: Paul Kilian, Karl Haas, Rudolf Weller, Karl Gudelius und Otto Debus. Wer hätte damals gedacht, dass es 71 Jahre dauern würde bis zum nächsten Gauturnfest in Haiger.